Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer Eintönig um die Stadt.
Es rauchst kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohn Unterlass;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.
Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.
(Aus:Kranz des Lebens, Braunschweig 1997)
Information zum Autor:
Theodor Storm(1817-1888) wurde 1843 Rechtsanwalt in Husum, seiner Heimatstadt. Er wurde 1867 Amtsrichter, 1879 Amtsgerichsrat. Als Lyriker ging Storm von Claudius und Eichendorff aus, später kam der Einfluss des befreundeten Möriker hinzu. Seine Bekenntnisgedichte sind in knapper, von hohem Formbewusstssein getregener, liedhaft-elegenter Sprache gestaltet. Seit 1847 schrieb vor allem Erzählungen. Sie waren angangs lzrisch getönt und vermieden nicht immer das Sentimentale.